Friederich Werthmann (1927-2018)
Die Zeichnungen


Die Tuschzeichnungen Werthmanns sind im näheren Sinne keine die plastische Arbeit vorbereitende Bildhauer-Zeichnungen, sie sind niemals die Skizzierung einer plastischen Idee. Beim Zeichnen bleibt Werthmann stets in der 2. Dimension – ohne Plastizität im Sinn zu haben oder zu imitieren. Dennoch sind sie in ihrer fast explosiven Gestik, dem Aufeinandertreffen und dem Innehalten von Energie und Bewegung doch eng mit dem Konzept der Skulpturen verbunden.

Die Zeichnung ist bei Friederich Werthmann eine Art Grundstruktur des Schaffens, seine mentale und geistige Voraussetzung. Wohl nicht zufällig erinnern die Tuschen an Kalligrafisches, an aus tiefstem Bewußtsein Gestaltetes
.
Beim zeichnerische Werk Werthmanns geht es um das, was dem gesamten plastischen Werk innewohnt, um die ganz ursprünglichen Bedingungen des Schaffens – frei von jedem gegenständlichen Denken. Es geht um die fließende Kontinuität von Zuständen, um gestische Bewegungsformen, rhythmische Verdichtungen und Überlagerungen, um strukturale Dimensionen. Wie in den Skulpturen geht es um Reihungen im Raum, um Intervalle, Strukturen und Schichtungen, um Störungen und Verwandlungen.

Die Tuschzeichnungen sind das Labor in dem die Grundlagenforschung für die plastische Arbeit stattfindet, hier wird entwickelt, es wird mit dynamischen Gesten experimentiert, mit aufeinander wirkende Kräften. Eben mit genau dem, was seine plastischen Arbeiten ausmacht.

Das zeichnerische Werk ist wie ein Alphabet des plastischen Schaffens, dieses Alphabet entwickelt eine geformte Sprache, die allen Werkphasen gemeinsam ist. Das macht schlussendlich die über 60jährige Kontinuität der Zeichnungen einsichtig.

Für Friederich Werthmann enden 2010 die physischen Möglichkeiten der plastischen Arbeit. Die kreative Kraft gibt deshalb aber nicht nach, sie kulminiert geradezu in einer zeichnerischen Expansion. In den Jahren 2011 bis 2016 entstehen über 1.500 Zeichnungen. Vielleicht findet sich ja mal ein Physiker, der diese Kreativität in die Sprengkraft von Dynamit umrechnet.

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WVZ 1990-16
Fotos: Hartmut Witte